WIEN. FISCHGESCHICHTEN

Eine Person in gelben Fischerhosen steht mit verschiedenen Objekten, darunter ein aufblasbarer Fisch, ein Metallgefährt und beschriftete Rollen, auf einem freien Gelände, dahinter große, weiße Türen einer Garage
Foto:
Shirin Omran

Ein Großteil der Fläche des heutigen 20. Bezirkes wurde erst im Zuge der Donauregulierung durch massive Aufschüttungen der vielen Donauarme als zusätzliches Bauland gewonnen. Hier wurden bedeutende Infrastrukturen für die Industrialisierung errichtet, u. a. auch der Wiener Nordwestbahnhof. Diesem Modernisierungsschub fielen jedoch hunderttausende lebende und noch ungeborene Fische zum Opfer, die hier begraben wurden. Gleichzeitig mussten, um den Bedarf an Fisch in der wachsenden Großstadt zu decken, Fische mit der Bahn aus den Nordseehäfen importiert werden, die, in Wien angekommen, bis in die frühen 1980er-Jahre – vorrangig von Gastarbeiter*innen – in einer Fischfabrik auf dem Nordwestbahnhof verarbeitet worden sind.

In einer Ausstellung im Museum Nordwestbahnhof sowie in künstlerischen Interventionen am Bahnareal gedenken wir der Wiener Fische, der wahren Ureinwohner:innen des Bezirks, und ihrer Nachfolger:innen. Zudem haben wir in performativen Exkursionen mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln, multikonfessionellen Prozessionsgeräten und Pop-up-Ausstellungen verschiedene fischrelevante „Stationen“ der Stadt Wien kommentiert und befragt: ehemalige Lebensräume der Wiener Fische in Donaukanal und Donau, Fischereireviere und -vereine, historische Fischmärkte, -fabriken, -händler:innen und -lokale, eiskalte Fischgroßhandelslager und -friedhöfe an den Peripherien der Stadt, um damit Aspekte der baulichen, sozialen und kulturellen Transformation der Stadt zu reflektieren.

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Tracing Spaces

Tracings Spaces, 2012 von Michael Hieslmair und Michael Zinganel gegründet, produziert recherchebasierte Kunst- und Forschungsprojekte, Publikationen und Vermittlungsformate zu Stadtgeschichte, Mobilität und Migration. Seit 2015 betreibt Tracing Spaces einen Projektraum am Nordwestbahnhof, dem letzten innerstädtischen Logistikknoten von Wien, wo eingebettet in das soziale Milieu der Logistiklandschaft sukzessive eine mehrschichtige multimediale Kartografie der Geschichte dieses Areals entsteht.

Mit Vida Bakondy, Martina Fleischer, Isis Frisch, Christina Gruber, Friedrich Hauer, Heike Maier-Rieper (Fisch- und Stadtgeschichten), Matthäus Bär (Musik), Theresa Hattinger und Paul Papalecca (Props), Joanna Zabielska, Bilal Alame (Food) u. v. a.

Gefördert von KÖR – Kunst im öffentlichen Raum Wien.