Ein Großteil der Fläche des heutigen 20. Bezirkes wurde erst im Zuge der Donauregulierung durch massive Aufschüttungen der vielen Donauarme als zusätzliches Bauland gewonnen. Hier wurden bedeutende Infrastrukturen für die Industrialisierung errichtet, u. a. auch der Wiener Nordwestbahnhof. Diesem Modernisierungsschub fielen jedoch hunderttausende lebende und noch ungeborene Fische zum Opfer, die hier begraben wurden. Gleichzeitig mussten, um den Bedarf an Fisch in der wachsenden Großstadt zu decken, Fische mit der Bahn aus den Nordseehäfen importiert werden, die, in Wien angekommen, bis in die frühen 1980er-Jahre – vorrangig von Gastarbeiter*innen – in einer Fischfabrik auf dem Nordwestbahnhof verarbeitet worden sind.
In einer Ausstellung im Museum Nordwestbahnhof sowie in künstlerischen Interventionen am Bahnareal gedenken wir der Wiener Fische, der wahren Ureinwohner:innen des Bezirks, und ihrer Nachfolger:innen. Zudem haben wir in performativen Exkursionen mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln, multikonfessionellen Prozessionsgeräten und Pop-up-Ausstellungen verschiedene fischrelevante „Stationen“ der Stadt Wien kommentiert und befragt: ehemalige Lebensräume der Wiener Fische in Donaukanal und Donau, Fischereireviere und -vereine, historische Fischmärkte, -fabriken, -händler:innen und -lokale, eiskalte Fischgroßhandelslager und -friedhöfe an den Peripherien der Stadt, um damit Aspekte der baulichen, sozialen und kulturellen Transformation der Stadt zu reflektieren.