Me after two anal orgasms

Porträtfoto von Anne Schmidt in ernster, dominanter Haltung mit vor ihrer Brust verschränkten Armen.
Foto:
Jennifer Gelardo

Genre: Roman, Autofiktion, Memoir

Meiner Nominierung für das Vordemberge-Gildeward-Stipendium und der Teilnahme an einer Ausstellung im mumok Wien folgte ein depressives Loch. Ich lag rum und sah die Wand an, während über mir die große Sinnlosigkeit der Kunst und insbesondere die nicht gewonnenen 60.000 Franken Preisgeld schwebten. Als zusätzlich dazu meine Galerie Vinvin auf der Vienna Contemporary nichts verkaufte und ich nicht mal ausreichend Gutscheine für Drinks erhielt, kündigte ich entschlossen. Mein neuer Lebensinhalt war fortan hemmungsloser Sex. Mein Dating-Profil hatte innerhalb kürzester Zeit über 3.000 Likes. Ein paar Dates später verliebte ich mich hoffnungslos in die Vollberufstätigkeit eines Mannes, der auf einem Businesstrip war. Meinen Freund*innen stellte ich ihn Ende der Woche mit den Worten „er rettet die Welt“ vor; tatsächlich betreibt er so etwas wie Ablasshandel mit CO2-Papieren. Als er nach Zürich abreiste, schleuderte mich meine Verliebtheit in eine Hypomanie. Ich schrieb innerhalb der folgenden sieben Tage einen 250-seitigen, handschriftlichen, bebilderten, pornografischen Liebesroman über uns. Mein Ziel war es, ihn davon zu überzeugen, den Rest seines Lebens mit mir zu verbringen, um so meinem selbstverzweifelten Leben als Künstlerin zu entgehen. Ziel meiner Arbeit ist es, eine emanzipatorische Stimme zu finden und stereotype Erzählmuster aufzulösen und zu verkomplizieren.

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Anne Schmidt

Anne Schmidt (* 1990) ist Künstlerin; sie lebt und arbeitet Wien. Als sie dem Produzieren von Kunst, dem Studium an der Akademie und den Mechanismen des Kunstmarktes überdrüssig wird, befasst sie sich im Selbstversuch damit, keine Künstlerin mehr zu sein. In ihrer Analyse der Strategien des Eskapismus beschäftigt sie sich mit gesellschaftlichen Sehnsuchtsbildern, normativen Illusionen und mentalen Zuständen wie Depression, Urlaub, Liebe, Sex, Manie, Rausch, Sucht, Ich-Dystonie, Faulheit, Arbeit. Die Ergebnisse ihrer künstlerischen Forschung hält sie im nun vorliegenden autofiktionalen Roman fest.