Faust unlimited

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Ein Mann und eine Frau hinter ihm in Nahaufnahme, der Mann scheint zu schlafen, die Frau lächelt nach vorne, aber aus dem Bild hinaus (nicht in die Kamera)

Die Theatergruppe Theater in Bewegung unter der Leitung von Barbara Crobath (IG-Freie-Theaterarbeit-Mitglied) inszeniert den Theaterklassiker Faust. Der Tragödie erster Teil von Johann Wolfgang von Goethe. Die Premiere fand am 16. Oktober 2008 im WUK statt.

Im Prolog flüstern die Engel den „Preistext“ der Eröffnung, geradezu drohend sprechen sie ihn als Begleitmusik auch im späteren Verlauf der Szene (wie „böse Geister“), die Binde-Handlung bekommt Sinn: Mephisto wird „geknechtet“, wenn er vor dem Thron des Herrn „erscheint“. Aber zugleich ist er – trotz all seiner Bösartigkeit, Zynismen und Unmenschlichkeit – auch ein Sympathieträger, weil er das Leiden der Menschen ernster nimmt als der Harmonie-Kreis. Er dient Faust, meint, dass er ihn vom „rechten Weg“ zu seinem „Urquell“ abbringen kann, aber er verhilft Faust gleichzeitig zur erwünschten emotionalen Grenzüberschreitung (dem Taumel, dem schmerzlichen Genuss, verliebtem Hass usw.). Während Mephisto darauf aus ist, Faust Genüge zu tun und damit seine Wette zu gewinnen, entzieht Faust sich immer wieder durch Gegenbewegungen, durch die er sich loslöst aus den „verfänglichen“ Augenblicken der Gretchen-Episode: Er will fort aus dem „unbefleckten“ Gretchen-Zimmer, er macht geradezu Krach mit Gretchen, als sie ihn religiös vereinnahmen will, er sieht sie in ihrer wahren Gestalt im Taumel der Walpurgisnacht, er wütet gegen Mephisto, der ihr Schicksal verallgemeinern will. Im Kerker sagt er einfach „ich bleibe bei dir“. Jedesmal reißt Mephisto ihn weiter (das Kästchen, der Schlaftrunk, die wüste Hexennacht, die versprochene „Befreiung“ durch den beschränkten Teufel) und Faust folgt ihm. Ein tolles Spiel. Faust überschreitet die Fassungskraft Mephistos, er liebt wirklich, – Mephisto lockt und peitscht ihn weiter – jedesmal zerreißt Faust die Liebesfessel, leidet ungenannte Qualen und verliert gerade dadurch die Wette nicht. Mephisto macht seinem
Existenzmotto alle Ehre: Er will das Böse, nur das, und schafft das Gute (wenn darunter der durch die Gretchen-Tragödie sich verwandelnde Faust zu verstehen ist).

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Theater in Bewegung