Physical Theatre in Wien – noch immer ein Fremdwort?
Getreu den Prinzipien des „devising theatre“ basiert die Arbeit des Ensembles auf kollektiven Prozessen des Ausprobierens. An jeder Idee, jeder Szene, wird so lange gefeilt, bis ihre Essenz freigelegt, ihre eigene, organische Form gefunden ist und sie in das Uhrwerk des Gesamtsystems der Inszenierung wie von selbst einrastet. Es erfordert Ausdauer, sich nicht auf die Beschränkungen der jeweils eigenen Sicht zu versteifen, abzuwarten, bis sich Formen und Inhalte herauskristallisieren. Im Laufe des Probenprozesses finden immer wieder informelle „Showings“ statt, in denen das entstandene Material einem interessierten Publikum gezeigt wird, das danach Feedback gibt, als kritisches Auge dient und Inspiration für die weiteren Schritte im Kreationsprozess liefert. Diese Art der Stückentwicklung lässt das Publikum nicht als den:die Voyeur:in irgendwelcher exemplarischen, der Welt enthobenen Hampelmänner dieser oder jener psychologischen Strickmuster dastehen. Vielmehr wird vom Zustand einer gemeinsamen, metaphysischen Erfahrung, die der Raum in dem Moment der konkreten Gebärde transzendiert, als ein wirksamer Prozess aufgefasst, der die Erregung des gesamten Organismus bedeutet. Es sind also nicht die vielen, die sich unter der Perspektive eines:r Einzelnen zu einer synthetischen Fantasie vereinen, es sind die Einzelnen, die die größtmögliche Synthese aus Perspektiven erträumen. Wir sprechen von angewandter Schwarmintelligenz, denn: Es gibt nur eine Totale, und die sind wir alle.