Wie unauffällig können Bewegungen im öffentlichen Raum sein, um nicht als Performance wahrgenommen zu werden? Wie viel Bewegungsfreiheit habe ich, um von Vorbeihastenden im Akt des Performens nicht gesehen zu werden? Zur Beantwortung dieser Fragen wurden Choreograf:innen eingeladen, ihre Bewegungsfolgen an einem ungewöhnlichen Ort zu zeigen: dem Wartehäuschen gegenüber der Staatsoper. In weiterer Folge entstehen aus diesem Research im Medium Video eine Performance und eine Videoinstallation: Extrahiert aus dem Alltag sind die Bewegungen in der Blackbox des Theaters oder im White Cube einer Galerie sehr wohl sichtbar.
Mit: Markus M. Bruckner, Satu Herrala, Lisa Hinterreithner, Iris Julian, Malcolm Manning, Philippe Rièra (Superamas), Martina Ruhsam, Linda Samaraweerová, Oleg Soulimenko, Lena Wicke-Aengenheyster
Die un/sichtbare performance ist ein partizipatives Projekt: Das Grundkonzept stammt von Iris Julian – die einzelnen Beiträge von dem:der Choreograf:in: ein Mischraum auf gleicher Augenhöhe.
Wie Therese Kaufmann (eipcp) betont, folgen die als förderungswürdig geltenden Kulturkonzepte oftmals einem Sichtbarkeits-Mantra, worunter Kaufmann eine spektakelhaft übertriebene Inszenierung diverser kultureller Praxen versteht.* Die Beiträge experimentieren mit den Rändern der Un/Sichtbarkeit und lassen sich per se nicht ökonomisch verwerten. Als Videodokumente sind sie sichtbar und ökonomisch verwertbar: In diesem Sinne funktionieren sie wie eine mobile Galerie. Die materielle und ideelle Distribution folgt fairen Regeln, die im Vorfeld kommuniziert wurden: Pro Ausstellung erhalten die Künstler:innen von Julian einen Urheberrechtsbeitrag, das gilt auch für Re-enactments als Tanzperformance in der Blackbox (als nächstes im Kontext einer ImPulsTanz-Residency). Außerdem werden die Beiträge wie Zitate in einem wissenschaftlichen Text behandelt, d. h. die Namensnennung ist ein zentraler Punkt.
* Kaufmann, Therese: Jenseits des visibility-Mantras, http://eipcp.net/policies/kaufmann1/de