Nachrichten aus Demokratien: feministische Positionen und Auseinandersetzungen

Internationale Tagung, 26.–29. 10.2006

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – waren und sind die offiziösen Devisen moderner Demokratien. Aber was bedeuten diese an sich ehrenwerten Maximen für Frauen, wenn nicht zufällig von ‚Brüderlichkeit’ die Sprache ist? Politik, die noch Widersprüche zur Erscheinung bringen könnte, wird zur Systemfunktion und unterwirft sich dieser abstrakten „Konsensualität“.
Demokratie ist zu einem leeren formalen additiven Pluralismus geronnen, dessen einziger Inhalt der ökonomische Mehrwert zu sein scheint. (nach B. Krondorfer, aus: Pluralität und Konsensfähigkeit, Würzburg 2001) Die öffentliche und kritische Meinung, die die Politik beeinflussen kann, wird zunehmend abgeschliffen. Dadurch würde die Demokratie durch etwas ganz anderes ersetzt werden, nicht durch eine Militärdiktatur, auch nicht durch einen Orwell’schen Totalitarismus, sondern durch einen aufgeklärten Absolutismus, der von einer Nomenklatura erzwungen würde. … Und die traurigsten Abschnitte der Bücher von zukünftigen Historikern würden davon handeln, wie die Bürger der Demokratien durch Feigheit selbst dazu beitrugen, die Katastrophe herbeizuführen. (nach R. Rorty, aus: Die ZEIT 13/04) Im Allgemeinen scheint es evident zu sein, dass die Entwicklung der Moderne und der Aufklärung Hand in Hand mit der Entstehung demokratischer Staats- und Gesellschaftsformen ging; dass damit aber auch ein ganz bestimmtes Menschen- und Weltbild verbunden war und ist, zeigt sich durch TheoretikerInnen der Dekonstruktion und DenkerInnen des Postkolonialismus. Aus aktueller Perspektive erscheint das historisch-politische Vorhaben der Organisation von Kollektivität durch den demos kratos an Grenzen zu stoßen. Aus geschlechterpolitischer Perspektive erschien Demokratie immer schon begrenzt zu sein; angefangen bei der geköpften Olymp de Gouges über den zähen Kampf um das Frauenwahlrecht bis zum Dauerbrenner der zwar formalen Gleichberechtigung und dennoch nichtäquivalenten Partizipation von Frauen in öffentlichen Angelegenheiten. Auch die öst. Politik ist fest in Männerhand: 88 Jahre nach der Erlangung des Wahlrechts sind Frauen nur zu einem Drittel in allen politischen Ebenen der Repräsentation (Nationalrat, Bundesrat, Gemeinderäte) vertreten. Repräsentative Demokratie gilt in der westlichen Welt als einzig mögliche Staatsform, aber anderseits sind sinkende Wahlbeteiligung und wachsende Unzufriedenheit mit den politischen RepräsentantInnen und Institutionen Anzeichen eines Demokratiedefizits. Hier wäre u.a. zu fragen, welche irrationalen bzw. umgekehrt welche zweckrationalen Beweggründe zur Genderproblematik im Feld des Politischen nach wie vor herrschen. In dieser österreichweit beworbenen Tagung beleuchten Denkerinnen und Praktikerinnen (aus Österreich, Schweiz, England, Deutschland, Schweden, Slowakei) kritisch das Phänomen „Demokratie und/ohne Frauen“. Stichworte: Bedeutung pluralistischer Konzepte, politische Ökonomie und Globalisierung, postkoloniale Kontexte, Demokratie nur noch Sprechblaseninszenierung (?), post-kapitalistische Zivilisation. Weitere Leitbegriffe sind: Parallelgesellschaften, Gerechtigkeit und Anerkennung, Toleranz und Hegemonie, Organisationsformen und Denkformen, Neue Technologien, Gender Budgeting, Migrantinnen 1 und Rassismus, Antisemitismus, Öffentlichkeit und Medien, Partizipation und Mainstreaming, Gouvernementalität, Depolitisierung und Repolitisierung …

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Frauenhetz – Verein für feministische Bildung, Kultur und Politik

Die Frauenhetz – Verein für feministische Bildung, Kultur und Politik wurde 1991 selbst organisiert gegründet und existiert – im Sinne der Theoretikerin des Politischen Hannah Arendt, dass Politik nicht zu einem Job wie jeder andere verkommen darf – auf Grundlage ehrenamtlicher Tätigkeit der Teamfrauen. Herzstück ist das Veranstaltungsprogramm mit jährlich wechselnden Hauptthemen (2005 war es bspw. ‚Arbeit und Politik’ mit Themen wie Prekarität) in verschiedenen Diskursformaten. Leitprinzip ist die Aufrechterhaltung eines Ortes von und für Frauen um in aller Freiheit hierarchielos und gegenseitiger Bezogenheit Selbstbewusstsein zu erproben und politisches Begehren zu artikulieren. Es ist nicht nur ein Ort der Vermittlung zwischen Theorien/ Denkbewegungen und Praxen (auch: Alltag als Politik), sondern auch eine Bürogemeinschaft (mit ninlil, efeu, anschläge) und einem „fliegenden schreibtisch“, der genutzt werden kann von Einzelfrauen oder zeitlich begrenzten Projekten, die eine Infrastruktur benötigen.

frauenhetz.jetzt/