Rudi Ratt Radulnig, ein versiffter Lebenskünstler aus der Kärntner Provinz, hat sich im Neubauer Bierlokal unsagbar eingenistet und erklärt von seinem abgewetzten Sofa aus launig bis arrogant die Welt. Umgeben von Ramsch und Altwaren beschwört er in acht Folgen die triumphale Rückkehr des Grindes in eine kalte, sterile Welt. Nicht, dass Grind in Wien vom Verschwinden bedroht wäre, aber für Radulnig bedeutet Grind Nonkonformismus, Ecken und Kanten, eine Welt der Grauschattierungen, so Grau wie das Geschirrtuch des grimmigen Barkeepers. Anecken will Radulnig mit seiner Sendung, und stochert deshalb gnadenlos da rum, wo’s unbequem wird für die trägen Fernsehzuschauer:innen, ob in Politik, Religion, Wissenschaft oder Kunst. Zur Unterstützung bittet er schräge Gäste auf seine Couch: Einen missverstandenen Leberkäsebildhauer, halbnackte Sockenpatrioten, eifrig missionierende Essiggurkerlpriester, durchgedrehte Wissenschaftler:innen und viele mehr. Politiker:innen werden bis zur Selbstblamage irritiert, das Saalpublikum – hauptsächlich Westneubauer Bobos – lustvoll geohrfeigt. Neben Gesellschaftskritik sind Experimente mit neuen künstlerischen Ausdrucksformen Hauptschwerpunkt der Show. Kurztexte werden eigenwillig als „literarischer Moment“ inszeniert, Lyrik mit Jazz- und Elektromusik vermischt, das Genre „Musikvideo“ experimentell bis an die Grenzen des Erträglichen ausgereizt. Ständig schwingen mehrere Bedeutungsebenen mit: Der Streit zwischen dem Leberkäskünstler und der Kunstkritik ist einerseits Persiflage des Kulturbetriebes, gleichzeitig ist sein rot-weiß-rotes WC Ausgangspunkt für Betrachtungen zu Heimatliebe und Nestbeschmutzung, und ständig stellt man sich die Frage, wer auf der Couch ist nun echter Gast, wer nur SchauspielerIn? Ungewöhnlich „unrund“ wirken die Sendungen für unser Fernsehauge, das von perfekt durchgestylten TV-Formaten verwöhnt abweichende Herangehensweisen an das Medium als störend, ja, als Beleidigung empfindet. Wenn dann noch guter Geschmack von Radulnigs unflätiger Ausdrucksweise und mangelnder Hygiene beleidigt, gesellschaftliche Tabus schamlos gebrochen und absurdes Theater zur Wirklichkeit werden, dann sinken die Quoten ganz wie der Zeremonienmeister es wünscht: „Schaun S’ nicht so viel fern. Sie sind eh schon so fett!“, heißt es am Ende der ersten Staffel. Fortsetzung ungewiss.
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