Museumsbesuch

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Ein Museumssaal mit historischen Gemälden hinter Seilen, Menschen blicken sie an, eine Person hat am Bein eine Schnur, an der wiederum ein Bild hängt, das, die Bildseite nach unten, auf dem Boden liegt

Eine weiß grundierte Leinwand, die grundierte Fläche zum Boden gerichtet, mit zwei Schnüren, die an der Rückseite des Keilrahmens befestigt sind, wird durch das Kunsthistorische Museum in Wien gezogen.

Mein Interesse an diesem Projekt beinhaltet sowohl die Leinwand und deren Veränderung in Form von Schleifspuren, die ich als Malerei lese, als auch die Dokumentation dieses performativen Aktes mittels Videoaufzeichnung und Fotografie.

Eines der großen Themen dieser Aktion ist die metaphorische Auseinandersetzung mit der „Kontaktaufnahme“ von Kunst und deren institutionellen Bereichen bzw. Sammelstätten als eine Darstellung von Informationsaustausch, Informationsvermittlung und deren Aufnahme.
Der Informationsvermittler (ich) führt ein unberührtes, reines Objekt (eine weiß grundierte Leinwand), frei von Vorinformationen, in einen – für diesen Kontext – typischen Informationsbereich. Der Weg ist zwar vom Künstler bzw. der Künstlerin, der die Leinwand zieht, vorgegeben, dieser kann aber die „Spuren“ der Informationsaufnahme des Malkörpers nicht beeinflussen. Der Mensch hat die Möglichkeit mit all seinen S:innen, seine Umgebung verschieden wahrzunehmen, im Unterschied zur Leinwand, deren Möglichkeiten der Informationsaufnahme begrenzt sind. Die Eindrücke, die der Museumsbesuch beim Maler bzw. der Malerin und der Leinwand hervorruft, sind – obgleich sie die exakt selbe Strecke zurücklegen – verschiedene. Das „Nachziehen“ der Leinwand ermöglicht, das Motiv direkt als Werkzeug zu verwenden. Nicht ein Pinsel, sondern Schnüre bzw. eine Leine stellen die Verbindung zwischen MalerIn und Leinwand her. Die Schleifspuren auf der Leinwand, die durch den Kontakt mit den verschiedenen Bodenbeschaffenheiten entstehen, ergeben ein Endprodukt, welches Malerei in ihrer direktesten Form zeigt.

Ich habe mich bei der Ausführung dieses Projektes für das Kunsthistorische Museum Wien entschieden, da „das Museum“ allgemein für das Verständnis von Geschichte und damit auch von Gegenwart steht. Die Geschichte des Museums ist gleichzeitig die Geschichte von Erkenntnisbemühungen und von sich entwickelnden Bildauffassungen.

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David Roth

geboren am 13.01.1985 in Oberpullendorf/Burgenland (A)
lebt und arbeitet in Wien (A)

Akademie der bildenden Künste Wien, 2005–2010
Franz Graf, Daniel Richter
Villa Arson, Nizza (F), Oktober 2009–Februar 2010
Artist in Residence, St.Virgil, Salzburg (A), Juli–September 2010