Schneewittchenpsychose

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Sujetfoto: eine Tischplatte mit Tellern und Gläsern, drei Frauen beugen sich rückwärts darüber, sodass deren Haare in den Tellern liegen

Nana ist magersüchtig und hat sich zurückgezogen. Sich einen Ort gesucht, ihn eingerichtet, zugerichtet. Nana nimmt Welt nicht mehr auf, verschließt sich, hat ihren Lebensraum auf ein einziges Zimmer reduziert: Dennoch ist Nana nicht allein. Ihr Handeln wird bestimmt durch Ana, die angebetete Göttin der Anorexie. In einer von Lifestyle dominierten Welt wird auch Nana mit Bildern aus Fernsehkanälen gefüttert. Eine Moderatorin konfrontiert Nana unablässig mit Fakten der globalen Wohlstandsverteilung. Angesichts des Zustandes der Welt macht sich Ohnmacht breit. In der paradoxen Vereinigung von Mangel und Übersättigung gräbt sich Ana immer tiefer in Nanas Persönlichkeit.

Neben der Suche nach Freiheitsgestaltung ist Schneewittchenpsychose ein Text über die Wahrheitsbeschwörungen „der Medien“ als Transportmittel einer möglichen Welt. Daraus ergibt sich notwendigerweise auch eine Beschreibung der Grenzen desjenigen Glücksbegriffes, der immer nur strahlt, wenn er von außen betrachtet wird.

Sophie Reyers Schneewittchenpsychose entstand aus einer gründlichen Recherche zum Thema Magersucht in diversen Internetforen. Zudem lagen Sophie Reyer Notizen einer seit zehn Jahren an Magersucht leidenden Frau vor, die während Klinikaufenthalten entstanden sind. Reyer hat diese unterschiedlichen Textebenen collagiert und eigene Textpassagen hinzugefügt.

2009 nahm FAIMME mit der zwanzigminütigen Produktion des Textfragments Schneewittchenpsychose am Newcomer-Wettbewerb des Theaters in der Drachengasse in zweiköpfiger Besetzung teil.

FAIMME präsentierte anschließend im Forum Stadtpark Graz die erweiterte Fassung in Form einer szenische Lesung. Diese Fassung bildet die Grundlage für die theatralischen Umsetzung, die im Juni 2010 im Dschungel Wien – Theaterhaus für junges Publikum zu sehen war. Begleitend zur Produktion bot FAIMME eine Schreibwerkstatt für Jugendliche mit Sophie Reyer an.

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Faimme

Die Gruppe FAIMME wurde 2008 mit der Absicht gegründet neue Wege in der Umsetzung von theatralischen Texten und Musik zu erproben. FAIMME besteht aus einem Kollektiv von Künstler:innen, das abhängig vom jeweiligen Schwerpunkt des Projekts – durch Einbeziehung von Text, Musik, Video, bildender Kunst – sich immer neu zusammenfindet, um experimentelle Ansätze zu erkunden und in die Dramaturgie einzubinden.

Ziel der Produktionen von FAIMME ist über einen künstlerischen Rahmen eine Sensibilisierung für frauenspezifische Themen herzustellen.