palais donaustadt – ein temporärer kunstraum in der donau-city

palais donaustadt ein 10.500m2 kunstraum in der donaucity von juni bis ende september auf einem noch unbebauten areal innerhalb der donau-city, zwischen tech gate und donau, wurde eine installation von claudia bosse zum theatralen und diskursiven aushandlungsort von theatercombinat und eingeladenen gästen: eine weiß eingefärbte fläche von 10.500 m2 wurde von juni bis ende september 2005 als kunstraum etabliert, in permanenter öffentlichkeit von zufällig passierenden anrainern, angestellten der bürogebäude, bauarbeitern oder copa-kagrana besuchern. im aufeinandertreffen von ästhetischen interventionen mit benutzer/innen und besucher/innen wurde raum produziert: soziale prozesse ausgetragen, analysierbar, eine konfrontation von alltags- und kunstpraktiken möglich gemacht. ziel dieses besonderen kunstraums war die ermöglichung eines
nebeneinanders und einer verknüpfung von unterschiedlichen performativen medien wie theater, film, musik und diskurs sowie die einbindung und konfrontation eines zufälligen oder bewussten publikums mit einem subtilen, nicht auf event bedachten künstlerischen eingriff. palais donaustadt war der
konzeptuelle und installative raum, für den die miteinander verschränkten formate ballet palais, firma raumforschung, film im palais, archiv im palais und picknick am wegesrand entwickelt wurden.

einschätzung von palais donaustadt in bezug auf die ausschreibungskriterien

palais donaustadt verstand sich als sichtbare intervention in einem privatisierten (privatrechtlich organisierten raum), der zum öffentlichen raum erklärt wurde. kunstpraxis an einem permanent öffentlich beobachtbaren ort zu etablieren befragt die künstlerische praxis und ihre kommunikationsstrategien durch die auseinandersetzung mit einer an diesem ort existierenden heterogenen öffentlichkeit. die analyse und beobachtung der vorhandenen gesellschaftlichen gegebenheiten in der donaucity, der konkreten gebauten umgebung, sowie die politische und ökonomische entstehungsgeschichte diese stadtteils wurden ausgangmaterial der kunstpraxis und der im palais donaustadt stattfindenden diskurse. durch die anwesenheit von theatercombinat im berarbeitungsprozess über mehrere monate vor ort (es wurde sowohl das büro in einem container in der installation angesiedelt, als auch fanden die proben in der installation statt) wurde das heterogene umfeld der donaucity (z. b. der installation benachbarte bauarbeiter, vor ort arbeitende angestellte, copa-kagrana betreiber und besucher, anwohner der donau-city und personal und publikum der uno city) direkt in seinem alltag mitsamt seinen zeit- und kunktionsökonomien mit der kunstpraxis von theatercombinat und den jeweiligen formaten konfrontiert. im september mischte sich diese öffentlichkeit mit palais donaustadt-besuchern, die sich wiederum zusammensetzten aus kinobesuchern, theatergängern, intellektuellen und elektronischem musikpublikum usw… durch das tägliche arbeiten vor ort und umfassende wie medial vielfältige kommunikation mit den genannten wurde ein neuartiger prozess der kunstvermittlung und -befragung in gang gesetzt (tondokumente vorhanden).

die frei zugängliche öffentliche installation fokussierte und befragte die politischen und ästhetischen selbstverständnisse bei der produktion von raum im alltag und in der kunst. palais donaustadt ist modell eines kunstraums, das die raum- und arbeitsteiligkeiten des kunstbetriebes und seine hegemonialen öffentlichkeits- und repräsentationsstrategien kritisierte, praktisch alternativen aufzeigte und die grenzen verschiedener kunstbereiche produktiv aufzulösen vermochte. die temporäre etablierung eines kunstraumes in der wiener donaucity zielte nicht auf einen weiteren neuen kulturellen
und institutionellen standort in wien, sie ist zu sehen als experimenteller künstlerischer und kulturpolitischer gegenentwurf im räumlich-performativen modell.

palais donaustadt verschränkte die kooperation unterschiedlicher disziplinen wie theater, musik, film und raumforschung (wie stadtplanung, architektur, performancetheorie, bildende kunst, aktivistische einsätze umfassend) an einem städtisch unterdefinierten ort, um in einem gemeinsamen diskurs
zukunftsweisende modelle von zusammenarbeit zu evozieren und zu kommunizieren. außerhalb des städtischen zentrums von wien wurde eine alternative zu der hier für gewöhnlich praktizierten spartenreduzierten und kunstghettoisierten arbeits- und veröffentlichungspraxis geschaffen:
gemeinsamer bezugspunkt der verschiedenen disziplinen waren fragen zur produktion des raums (theoretisch u.a. initiiert von henri lefebvres materialistischer raumtheorie) sowie strategien der raumaneignung innerhalb des installationsraumes. die großzügige raumdimension des palais donaustadt von 10.500 m2 und die donau-city waren ausgangspunkt und örtliche und kontextuelle herausforderung für die verschiedenen disziplinen. diese phänomenologisch geteilten thematischen und räumlichen grundlagen boten die möglichkeit, mit den jeweils feldspezifischen begriffen und anliegen zu operieren, diese im hinblick auf die anderen formate zu befragen und sie in bezug zu setzen, zu vernetzen oder zu verändern. die räumliche und inhaltliche verschränkung der disziplinen führte zu einer anderen, erweiterten, form der auseinandersetzung und kommunikation mit dem je unterschiedlichen zielpublikum und einer sowohl völlig konkreten wir grundsätzlichen befragung und zu ansätzen einer neubestimmung von begriff und praxis von „rezeption“, deren kritisches und innovatives potential auch im hinblick auf kriterien und kategorien von interaktivität und/oder partizipation
ästhetisch und politisch zu reflektieren sein wird.

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theatercombinat

theatercombinat arbeitet seit 1997 an der erschaffung neuer, experimenteller aktions- und wahrnehmungsräume zwischen bildender kunst, theater, tanz, theorie und architektur. die erforschung und sichtbarmachung von nichtkunst- als auch kunsträumen basiert auf der kritik an den öffentlichkeitskonzepten des kulturbetriebs, seinen zeit- und präsentationsstrategien sowie den begrenzten räumlichen vorstellungen und fantasien. zudem problematisieren die arbeiten gängige vorstellungen von kunst im öffentlichen raum.

die themenfelder reichen von raumforschung in verschiedenen architekturen, stadtinterventionen und alternativen von öffentlichkeit, der kommunikation von zuschauerinnen und akteurinnen bis zu raumchoreografischen und theatralen recherchen