Auf geradezu groteske Weise wurde das Schicksal der jüdischen Bevölkerung Wiens auf dem Nordwestbahnhof – an der Grenze der zwei Bezirke mit den höchsten jüdischen Bevölkerungsanteilen – durch zwei kulturelle Produktionen markiert: 1924 als Drehort der (fiktiven) Deportation der Wiener Juden im Film Stadt ohne Juden und 1938 als Ausstellungsort der antisemitischen Propaganda-Ausstellung Der ewige Jude. Freuds Analogie von Archäologe und Psychoanalyse, die auch der Geschichte einer Stadt ein verdrängtes Unterbewussten zuschreibt oder zeitgemäßer: den Prinzipien der Forensic Architecture folgend, die anhand von Indizien Tatorte politisch motivierter Verbrechens in architekturnahen Darstellungstechniken fragmentarisch „re-konstruiert“, wurden auf Basis von Planmaterial aus Archiven die Grundrisslinien der 1952 abgebrochenen Bahnhofshalle und der 1938 darin aufgebauten Ausstellungsarchitektur im Maßstab 1:1 nachgezeichnet und gleichzeitig ein Zugwaggon, wie er im Film zu sehen war, in abstrahierter Form nachgebaut. War die fiktive Deportation im Film von 1924 noch vorübergehend, so zeigte die verhetzende Wirkung der Ausstellung 1938 ihre fatale Wirkung im Realen: in Pogromen, Deportationen und Massenvernichtung. Dieses großräumige Erinnerungsmal diente als Ausgangspunkt und Rahmen einer Reihe von Veranstaltungen zur Rolle jüdischer Akteur:innen im Speditionswesen, zu „Arisierung“, erzwungener Emigration und Raub ihres Hab und Gutes auf dem Nordwestbahnhof während der NS-Zeit.
Excavations from the darkest past
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