Preis der freien Szene Wiens 2025 für Augenblicke

Förderpreise für Kollektiv Kaorle und Openlot

Die Preisträger*innen (5 Personen) und die Moderatorin stehen nebeneinander uns zeigen die Preisurkunden in die Kamera.

Foto: İklim Doğan

Die IG Kultur Wien verlieh am 10. Oktober 2025 im Kulturzentrum 4lthangrund die Preise der freien Szene Wiens 2025.

Der mit 4500 Euro dotierte Preis der freien Szene Wiens ging an:

  • Kollektiv Gabi Seeleitner und Christa Stöffelbauer für Augenblicke.

Die mit jeweils 3000 Euro dotierten Förderpreise gingen an:

Insgesamt wurden heuer 49 Projekte für den Preis der freien Szene Wiens eingereicht. Die Wahl der Preisträger*innen erfolgte online durch alle Einreicher*innen und die Mitglieder der IG Kultur Wien. Die Preisgelder wurden von der „Stadt Wien | Kultur“ finanziert.

Die gesamte Veranstaltung zum Nachhören:

https://cba.media/738087

KULTUR IST MEHR als Zwischennutzung

Die Prekarität subkultureller Räume war vor der Preisverleihung Thema eines Podiumsgesprächs mit Mena Huber (4lthangrund), Mara Verlič (Referentin in der Abteilung Kommunalpolitik der Arbeiterkammer Wien sowie Mitherausgeberin des Buchs „Wer geht leer aus“) und Gabriela Urrutia Reyes (Künstlerin, Designerin und Kulturmanagerin, MUSMIG – Museum der Migration) – moderiert von Leyli Nouri (freie Journalist*in und Aktivist*in).

Vier Podiumsgespräch-Teilnehmer*innen sitzen nebeneinander, die ganz links spricht gerade in ein Mikrofon.

Foto: İklim Doğan

Das Thema der drohenden Verluste von für die Wiener Kultur wichtigen Räumen wurde an diesem Abend auch dadurch erlebbar, weil der Austragungsort der Preisverleihung, das Kulturzentrum 4lthangrund, im Jänner geräumt werden muss. Noch gibt es keine räumliche Perspektive für das Kulturzentrum und die zahlreichen darin aktiven Initiativen. Das Kulturzentrum 4lthangrund ist für die freie Wiener Kulturszene unentbehrlich. Und wurde deswegen im vorigen Jahr auf den 1. Platz des Preises der freien Szene Wiens 2024 gewählt.

Staffelübergabe: Auf Preis der freien Szene Wiens folgt Preis für Kulturinitiativen der Stadt Wien

Die IG Kultur Wien verlieh heuer zum letzten Mal den Preis der freien Szene Wiens. Künftig wird stattdessen die MA 7 (Stadt Wien | Kultur) selbst einen Preis für Kulturinitiativen ausloben. Wir blickten zusammen mit unserer ehemaligen Geschäftsführerin Irmgard Almer auf 21 Jahre Preisvergabe durch die IG Kultur Wien zurück und übergaben die Verantwortung für die Auszeichnung hervorragender Projekte von freien und autonomen Kulturinitiativen in Wien an die Leiterin des Referats Kulturinitiativen in der MA 7, Diana Smaczynski-Uysal.

Die Kulturinitiativen-Referatsleiterin aus der MA 7, die ehemalige Geschäftsführerin der IG Kultur Wien und die Moderatorin sitzen nebeneinander. Die Moderatorin spricht gerade in ein Mikrofon.

Foto: İklim Doğan

Von 2004 bis 2025 vergab die IG Kultur Wien zuerst „Innovationspreise“, später „Preise der freien Szene Wiens“. Mit der Vergabe der Preise sollte der Blick darauf fokussiert werden, was in der Stadt Wien abseits von hoch subventionierter und institutionalisierter Kultur stattfindet. Ziele waren dabei von Beginn an die verstärkte Sichtbarmachung und Vernetzung freier und autonomer Kulturarbeit.

Über die Gewinner*innen:

Augenblicke vom Kollektiv Gabi Seeleitner und Christa Stöffelbauer

Die Projektserie „Augenblicke, a poetic encounter“ ist eine Tanz- und Begegnungsinstallation im öffentlichen Raum von Favoriten. Die Tanzkünstlerinnen Gabi Seeleitner und Christa Stöffelbauer möchten damit gesellschaftlicher Entfremdung begegnen. Ins Smartphone zu schauen, anstelle bewusst mit der direkten Umgebung zu sein, ist längst zum Alltag auf den Wiener Straßen geworden.
In Augenblicke möchten sie Räume eröffnen, in denen man sich in Fußgänger*innen-Zonen von Favoriten in einer Tanz- und Begegnungsinstallation treffen kann. Eine Reihe von Stühlen in der der Favoritenstraße lädt dazu ein, gegenüber von mitwirkenden Performer*innen Platz zu nehmen. Dieser Rahmen möchte ermöglichen, ohne Worte eine emotionale Verbindung zwischen zuvor noch fremden Menschen entstehen zu lassen, unterschiedliche Lebensrealitäten bewusst zu machen und zu einem respektvollen Miteinander beizutragen. Die durch Blickkontakt aufgenommenen Impulse werden nach einer Begegnung im Sitzen, gemeinsam in einem mit Tape abgegrenzten Feld in ein Tanzduett zu Musik, komponiert von Julian Siffert, transformiert. Diese Tänze sind sowohl für Gäste als auch Passant*innen in Form einer bewegten Tanzinstallation zu erleben.

Im Zeitraum von Mai bis Juni 2025 fanden vier Performance-Installationen statt. Begleitend wurden zwei offene Workshops zum Thema Begegnung und Tanz angeboten.

Kollektiv Kaorle

Kollektiv Kaorle ist 2023 von Mariahilf nach Ottakring weitergezogen. Ziel war und ist es, die Kunst- und Kulturszene lokal zu beleben, Gemeinschaft zu fördern und im Alltag einen Diskurs darüber zu eröffnen, wie wir miteinander leben wollen.
Im Mai 2023 hat das Kollektiv Kaorle Räumlichkeiten in der Ottakringer Straße 201 bezogen. Der zentrale Innenhof wurde zum „Lido“ umgestaltet, einem halböffentlichen Raum, der als Begegnungsort für das Grätzl dient und dazu beiträgt, Vielfalt als freudvolles und kooperatives Miteinander zu leben und daraus kreative Ideen sprießen zu lassen.
Die Vereinsräumlichkeiten sind flexibel und multifunktional gestaltet, um möglichst vielen unterschiedlichen Menschen und Ideen Raum zu bieten. Das Kollektiv Kaorle hat ein Café mit Coworking-Space, ein Keramikatelier, eine Werkstatt, Atelierräume und einen Veranstaltungsraum eingerichtet. Ziel ist es, eine niedrigschwellige Basis zu schaffen, an die Initiativen und lokale Akteur*innen andocken können. Unterschiedliche Ressourcen werden geteilt: sozialer Raum, Infrastruktur, Material, Fertigkeiten, Wissen und Aktivitäten.
So soll es auch in Zukunft weitergeführt werden, allerdings wird sich auch einiges ändern. Im September 2025 zieht Kollektiv Kaorle in einen Pavillon des Otto-Wagner-Areals. Motivation und Ziele bleiben, die neuen Räumlichkeiten werden programmatisch. Neu hinzu kommen Ateliers, die von Künstler*innen genutzt werden und somit die lokale kreative Szene weiter unterstützt werden kann.

Openlot von Echolot

OPENLOT ist ein jährlich wiederkehrender, offener kommunaler Praxisraum, in dem es möglich ist, ohne Beitrag und Voranmeldung in einer Gemeinschaft von Künstler*innen jeder Sparte und Strömung selbstbestimmt (zusammen) zu arbeiten. Der Raum startet leer – ohne Möbel, ohne Vorgaben – und wird über vier Wochen hinweg kollektiv angeeignet, gestaltet und bespielt. Keine Veranstaltungen, keine Kuratierung. Alles entsteht aus der Ko-Präsenz.

OPENLOT versteht sich als radikale Antwort auf prekäre Bedingungen in der freien Szene. Es bietet einen niederschwelligen Zugang zu Raum, Technik und Produktionsmitteln – solidarisch geteilt und selbstorganisiert. Die Künstler*innen organisieren sich täglich neu, verhandeln Bedürfnisse, entwickeln Organisationsformen, übernehmen Verantwortung. Das Gesamtgefüge aus Praxis, Produktion, Raumgestaltung bleibt wandelbar und verändert sich nahezu täglich. Der Raum vereint viele Räume zugleich.

OPENLOT ist ein Katalysator für neue Arbeitsweisen und fördert transdisziplinäre Co-Creation, indem es Unterschiedlichkeit nicht nebeneinander, sondern miteinander denkt. Spartenübergreifendes Forschen, experimentelle Selbstverwaltung und die Demokratisierung der Produktionsmittel stehen im Zentrum. Die künstlerische Arbeit wird zum kollektiven Prozess – sichtbar, teilbar, öffentlich.

OPENLOT schafft Nicht-Performance als performativen Akt: eine gelebte Utopie des Dazwischen und ein Möglichkeitsraum für eine lebendige, diverse freie Szene in Wien.

Über die IG Kultur Wien:

Die IG Kultur Wien setzt sich seit 1990 für freie und autonome Kulturvereine, Kulturinitiativen, Kulturarbeiter*innen und Künstler*innen in dieser Stadt ein – für neue und alteingesessene Freiräume, bessere Bedingungen im Alltag und angemessene, kontinuierliche infrastrukturelle Förderungen unabhängiger und selbstverwalteter Kulturarbeit.

Die IG Kultur Wien ist eine Interessengemeinschaft und -vertretung der freien und autonomen Kulturarbeit in Wien sowie eine Serviceeinrichtung für freie kulturelle Organisationen, Kulturinitiativen, Kulturarbeiter*innen und Künstler*innen.